MI-LQ ‒ Maschinelle Intelligenz zur objektiven Bestimmung individueller Lebensqualität

Lebensqualität wird durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst. In der modernen Arbeitswelt beeinflussen digitale Dienste die Lebensqualität maßgeblich, was sich gleichzeitig im Nutzungsverhalten widerspiegelt. Um die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Lebensqualität zu erforschen und positiv zu beeinflussen, sind objektive Mess- und Analysemethoden erforderlich. Eine Chance, solche objektiven Methoden zu entwickeln, liegt in den umfangreichen Datenmengen, die durch die Nutzung digitaler Dienste entstehen und die mithilfe Maschineller Intelligenz ausgewertet werden können. Das Projektteam nimmt diese Chance wahr und eröffnet damit neue Möglichkeiten zur quantitativen Erfassung der Lebensqualität, die objektiv gemessen und gezielt verbessert werden kann. Der thematische Schwerpunkt des Projektes liegt auf der „Lebensqualität in der Büro- und Wohnumgebung“ (WrQoL). Ein zentrales Ziel ist die Entwicklung einer WrQoL-App, die zunächst digitale Daten der Nutzenden erfassen und die daraus ermittelten Auswirkungen auf die WrQoL messen soll, um anschließend Empfehlungen zu ihrer Verbesserung zu geben.

Hintergrund

Digitale Dienste spielen eine zentrale Rolle in der modernen Arbeitswelt, da sie die Arbeit erleichtern und damit die Effizienz steigern können. Die dabei entstehenden Daten können zur Modellierung des Nutzungsverhaltens verwendet werden, ohne invasive Befragungen durchführen zu müssen. In anderen Lebensbereichen werden solche Informationen bereits eingesetzt, um bspw. die Verweildauer in sozialen Netzwerken zu erhöhen oder den Absatz von Dienstleistungen und Produkten zu steigern. Allerdings liegt hier der zentrale Fokus auf Vermarktung und beabsichtigt keine ganzheitliche Messungen der Lebensqualität. 

Initiativen wie z. B. das Ethically Aligned Design der IEEE arbeiten bereits daran, die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Lebensqualität zu erforschen und positiv zu beeinflussen. Sie stehen jedoch vor der Herausforderung, dass Lebensqualität derzeit überwiegend über Befragungen ermittelt wird und eine objektive und automatisierte Messung fehlt. Die Voraussetzungen dafür sind jedoch günstiger denn je: Durch die Nutzung digitaler (oft App-basierter) Dienste, insbesondere an Computerarbeitsplätzen, entsteht eine breite und aktuelle Datenbasis von persönlichen und Sachdaten wie Prosodie, Kommunikationsverhalten, Aufgabenfülle und physiologische Reaktion auf den Arbeitsalltag. Diese geben Aufschluss über den aktuellen Status der individuellen WrQoL. Zugleich stehen fortschrittliche Analysewerkzeuge, unterstützt durch leistungsfähiges Maschinelles Lernen (ML) und Künstliche Intelligenz (KI), zur Verfügung, die in der Lage sind, multimodale Daten zu kombinieren, um daraus Indikatoren und Einflüsse auf die WrQoL zu identifizieren. Das InnoTeam MI-LQ nutzt diese Möglichkeiten, um die Auswirkungen der digitalen Arbeitswelt auf die WrQoL im Szenario „Büro- und Wohnumgebung“ datenbasiert und objektiv zu bewerten und damit Anhaltspunkte für eine Verbesserung der Lebensqualität zu liefern.

Vorgehen

Indikatoren oder Einflussfaktoren auf WrQoL werden durch eine systematische Literaturrecherche zusammengestellt. Aufbauend auf dem ermittelten Forschungsstand werden die Indikatoren strukturiert und ihre angenommene Wirkung auf die WrQoL dokumentiert. Theoretische Modelle, die die Auswirkung der digitalen Dienste auf die WrQoL beschreiben, dienen hierbei als Orientierung. Ebenso werden subjektive Messinstrumente aus Befragungen auf zugrundeliegende WrQoL-Indikatoren untersucht. Die technische Grundlage der Untersuchung bilden indikatorspezifische Daten aus individuellen digitalen Quellen, die das digitale Nutzungsverhalten widerspiegeln. Die Daten werden bei einer Stichprobe freiwilliger Proband:innen erhoben. Anschließend werden die Messdaten mittels ML und KI auf ihre Wirkungsrichtung und -stärke auf die subjektiv empfundene LQ klassifiziert. Neben der objektiven Messung der WrQoL tragen die Ergebnisse zu den Einflüssen einzelner Indikatoren auch zur empirischen Validierung theoretischer Modelle bei.

Nutzenpotenziale

Durch die neuen Möglichkeiten zur Quantifizierung und objektiven Messung der WrQoL ergeben sich bedeutende gesellschaftliche und wirtschaftliche Nutzenpotenziale: Diese reichen von einer Förderung und Zertifizierung lebensqualitätsorientierter Gestaltung digitaler Dienste und Anwendungen (Apps, Geräte usw.) in verschiedenen Kontexten bis hin zur Bewertung öffentlicher/politischer und privatwirtschaftlicher Maßnahmen hinsichtlich ihrer LQ-bezogenen Wirkungen auf die betroffenen Personengruppen. Das im Rahmen des Projekts erarbeitete Fachwissen und die technischen Kenntnisse werden einem breiten Publikum aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zugängig gemacht.

Partner und Förderer

Das Forschungsprojekt MI-LQ steht unter der Konsortialleitung der InfAI e. V. (Prof. Ulf-Dietrich Braumann).

Konsortialpartner sind Universität Leipzig, Lehrstuhl für Health Economics and Management, Appsfactory GmbH, 4K Analytics GmbH und WIG2 GmbH.

Am Teilprojekt des WIG2 Instituts sind maßgeblich Dr. Carsta Militzer-Horstmann (Ansprechpartnerin),  Dr. Franziska Claus, Dr. Mareike Geisler, Alisa Hamm und Pauline Pinta beteiligt.

Weitere Unterstützer sind Prof. em. Hubert Österle, Prof. Ulrich Hegerl und Carolin Oehler (die beiden Letzteren von der Stiftung Deutsche Depressionshilfe).

Die Förderung von MI-LQ erfolgt im Rahmen der MINT-Fachkräfteentwicklung für 2021-2027 durch die Sächsische Aufbaubank (SAB) und den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF Plus).

Laufzeit

01.08.2023 bis 31.07.2025

 

Stand: Mai 2024